Ihre Rechte als EU-Bürger

Durch das 1993 eingeführte Konzept der Unionsbürgerschaft gilt jeder Staatsangehörige eines EU-Mitgliedstaats auch automatisch als Bürger der Europäischen Union, womit ihm zusätzlich zu den Rechten als Staatsbürger seines Heimatlandes noch weitere durch die EU-Verträge garantierte Rechte verliehen werden. Diese Rechte beziehen sich in erster Linie auf Aufenthalte in einem anderen EU-Land und können von jedem Bürger wahrgenommen werden - egal ob als Urlauber, als Verbraucher von Gütern oder Nutzer von Dienstleistungen, als Student und Berufstätiger oder als politischer Akteur.

Aufgrund ihres starken Mobilitätsfaktors wird die Unionsbürgerschaft häufig als Quelle der Freizügigkeitsrechte bezeichnet - und dennoch muss man nicht erst die Grenzen seines Heimatlandes überschreiten, um von den Vorteilen als EU-Bürger zu profitieren. Wie an der folgenden Auflistung zu sehen ist, bieten die Unionsbürgerrechte allen Europäern einen erkennbaren Mehrwert!

Einige Beispiele für Ihre Rechte als EU-Bürger sind:

  • Recht sich innerhalb der Europäischen Union frei zu bewegen und aufzuhalten
  • Recht auf den gleichen Anspruch auf Zugang zu medizinischer Versorgung in jedem EU-Land; auch in Bezug auf geplante Behandlungen
  • Recht auf Erwerb und Wahrung von Sozialversicherungsansprüchen im EU-Ausland
  • Recht zum Studium oder zur Ausbildung in einem anderen Mitgliedstaat unter denselben Bedingungen wie einheimische Studenten
  • Einklagbare Verbraucherrechte beim Einkauf im oder aus dem EU-Ausland (z.B. auch Online-Einkauf)
  • Recht auf gleichen Zugang zur Justiz in allen Mitgliedsstaaten (Opferschutz, etc.)
  • Recht auf Schutz durch die diplomatischen und konsularischen Behörden anderer Mitgliedsstaaten in einem Drittland, in dem der Heimatstaat nicht vertreten ist
  • Recht auf aktives und passives Wahlrecht bei EU-Wahlen und Kommunalwahlen in allen EU-Ländern
  • Recht, eine Petition ans EU-Parlament zu schicken und an der neuen Europäischen Bürgerinitiative (Bürgerbegehren) teilzunehmen

 

Der Unionsbürgerbericht der Kommission - die Rechte in der Praxis stärken!

Bei vielen dieser Punkte gibt es jedoch nach wie vor eine Lücke zwischen dem rechtlichen Anspruch und der Wirklichkeit, wie Bürger sie in ihrem Alltag erleben.
Nach 2010 verschaffte sich die Europäische Kommission im Mai 2013 bereits in ihrem zweiten Bericht zur Unionsbürgerschaft einen Überblick über diese unterschiedlichen Hindernisse (z.B. falsche Umsetzung der Rechte in den Mitgliedsstaaten, überbordende Bürokratie,...), mit denen die Bürger noch immer konfrontiert sind, wenn sie ihre EU-Rechte in Anspruch nehmen wollen. Gleichzeitig skizzierte sie konkreten Maßnahmen, um diese Hindernisse zu beseitigen wie beispielsweise ein besserer Informationaustausch über Praktika und Lehrstellen in Europa oder auch ein europaweit anerkannter Behindertenausweis, mit dem behinderte Menschen in ganz Europa ihre speziellen Sonderleistungen erhalten sollen (Ermäßigungen im öffentlichen Verkehr, Kulturevents, etc.).

Das Europäische Parlament hat als Reaktion auf diesen Bürgerschaftsbericht einen eigenenPrioritätenkatalog zur Förderung der Rechte von EU-Bürgern aufgestellt. Für dieses Vorhaben war ich Chefverhandler der EVP und habe hierbei folgende Punkte besonders hervorgehoben:

  • Akzent auf Bedeutung der Unionsbürgerrechte für das Funktionieren des Binnenmarktes und dieStärkung der Wirtschaft der EU, indem die Rechte der Bürger als Konsumenten und Arbeiter im Binnenmarkt ausgebaut werden. Die Unionsbürgerschaft ist mit dem Recht, sich in ganz Europa niederzulassen und zu arbeiten, in gewisser Hinsicht der Grundpfeiler des Binnemarktes und das sehen auch die Bürger so: laut einer Eurobarometer-Umfrage aus dem Februar 2013 sind 2/3 der Befragten der Meinung, dass das Recht auf Wohnen und Arbeiten in ganz Europa auch gut für die Wirtschaft ihres EIGENEN Landes sei!
  • Stärkung der lokalen und regionalen Behörden in ihrer wichtigen Rolle als diejenigen, die die Unionsbürgerschaft in der Praxis umsetzen müssen, durch europaweiten Austausch bewährter Praktiken und das Erstellen von Handbüchern.
  • Förderung von EU-Wissen in Schulen sowie von europaweiter Kooperation zwischen öffentlich-rechtlichen Medien, um europäische Themen und die Rechte von EU-Bürgern besser und häufiger in die Öffentlichkeit zu bringen.

 

Unionsbürgerrechte - aber wer weiß davon?

Es ist dieser dritte Punkt in der obigen Auflistung - die fehlende Kommunikation über die Unionsbürgerrechte - der noch immer die größte Hürde für Europäische Bürger bei der Ausübung ihrer Rechte darstellt.

Viele EU-Bürger wissen kaum, welche Rechte ihnen aus ihrer Unionsbürgerschaft erwachsen. Wir brauchen daher eine breit angelegte Informationskampagne aller EU-Institutionen und der Mitgliedstaaten, begleitet von Berichterstattung der öffentlich-rechtlichen Medien, was die Rechte der Bürgerinnen und Bürger sind, die sich aus der Unionsbürgerschaft ergeben, und wie sie diese in der Praxis in Anspruch nehmen können. Solche Initiativen setzen idealerweise bereits in den Schulen an.
Eines ist jedenfalls klar: Bürger, die ihre Rechte nicht kennen, können von diesen auch nicht profitieren!

Indem dank der Unionsbürgerschaft sich langfristig jeder EU-Bürger in jedem europäsichen Staat wie zu Hause und im eigenen Heimatland wahrhaft europäisch fühlt, wird die Unionsbürgerschaft auch die Identifikation der Bürgerinnen und Bürger mit der EU stärken - und das ist heute wohl bedeutender als je zuvor.

 

 

Ein Interview, das ich zu diesem Thema dem Internetradio OKiTALK gab, finden Sie hier hier!